Sachwertverfahren: Den Sachwert Ihrer Immobilie berechnen

//Sachwertverfahren: Den Sachwert Ihrer Immobilie berechnen

Mit dem Sachwertverfahren können Sie den Wert Ihrer Immobilie ermitteln, allerdings gilt die Methode als äußerst komplex. Wir erklären, wann das Sachwertverfahren eingesetzt wird und wie es funktioniert.

Was Sie über das Sachwertverfahren wissen müssen

Für die Immobilienbewertung gibt es im Wesentlichen drei Berechnungsmethoden, die sich alle durch unterschiedliche Herangehensweisen unterscheiden. So wird das Sachwertverfahren meist bei Immobilien eingesetzt, die nicht zur Generierung von Erträgen genutzt werden.

Wenn Sie Ihre Immobilie selbst bewohnen, können Sie dessen Wert folglich mit dem Sachwertverfahren berechnen. Entsprechend wird die Methode häufig bei Ein- oder Zweifamilienhäusern angewendet, wodurch sich eine klare Abgrenzung zum Ertragswertverfahren ergibt.

Allerdings hat das Sachwertverfahren einen großen Nachteil – es gilt nämlich als besonders komplex. Die 2012 veröffentlichte „Sachwertrichtlinie“ vermittelt diesen Umstand auf 47 Seiten voller Formeln und Bestimmungen. Wir zeigen, wie Ihnen die Wertermittlung mittels des Sachwertverfahrens gelingt.

Sachwertverfahren: So funktioniert‘s

Der Sachwert einer Immobilie wird auch als Wiederbeschaffungswert oder Reproduktionswert bezeichnet, denn beim Sachwertverfahren wird vom fiktiven Neubau Ihrer Immobilie ausgegangen. So werden die Kosten für die Wiederherstellung des aktuellen Gebäudezustands ermittelt.

Wichtig ist, dass dabei der Bodenwert und der Gebäudewert getrennt berechnet werden. Im ersten Schritt muss deshalb der Wert des Grundstücks ermittelt werden, welcher anschließend zum Wert des Gebäudes addiert wird.

Der Gebäudewert ergibt sich wiederum aus den Herstellungskosten und der Alterswertminderung, wodurch sich in der Summe ein vorläufiger Sachwert ergibt. Dieser Wert wird im letzten Schritt durch den Marktanpassungsfaktor angepasst.

Insgesamt entsteht so die folgende Formel für das Sachwertverfahren:

(Bodenwert + Gebäudesachwert) x Marktanpassungsfaktor = Sachwert

Sachwertverfahren Schritt 1: Den Bodenwert berechnen

Für die Bodenwertberechnung wird das Vergleichswertverfahren eingesetzt. Ausgegangen wird dabei von einem unbebauten Zustand des Grundstücks. Mittels der Bodenrichtwerte der Gemeinde wird dann der Wert des Grundstücks ermittelt.

Gutachterausschüsse ermitteln den Bodenrichtwert für die verschiedenen Orte in einer Gemeinde, woraufhin der veröffentlichte Bodenrichtwert mit der Fläche Ihres Grundstücks multipliziert werden muss. Ein Bodenrichtwert von 200 Euro pro Quadratmeter ergäbe bei einem 400 Quadratmeter großem Grundstück etwa einen Bodenwert von 80.000 Euro

Sachwertverfahren Schritt 2: Den Gebäudesachwert berechnen

Während die Bodenwertberechnung mit schnell erledigt ist, ist die Ermittlung der Herstellungskosten deutlich komplexer. Dabei muss die Bausubstanz der Immobilie nämlich in ihren Einzelheiten bewertet werden, um so die Baukosten an den aktuellen Zustand anzupassen. Als Formel bedeutet dies:

Gebäudesachwert = Herstellungskosten – Alterswertminderung

Die Herstellungskosten einer Immobilie bezeichnet beim Sachwertverfahren aber nicht die „tatsächlichen“ Herstellungskosten. Stattdessen wird für die Berechnung von den Regelherstellungskosten ausgegangen. Diese sind je nach Bundesland tabellarisch abrufbar und geben die gewöhnlichen Kosten je Quadratmeter an. Gutachter passen diesen Wert dann um die Qualität der Bauteile an und bewerten ebenfalls, wie gut das Haus ausgebaut ist und berücksichtigen besondere Ausstattungsmerkmale sowie Sanierungsmaßnahmen.

Sachwertverfahren Schritt 3: Der Marktanpassungsfaktor

Im letzten Schritt wird der Sachwert einer Immobilie um den Marktanpassungsfaktor ergänzt. Über diesen Faktor soll berücksichtigt werden, dass der zu erzielende Preis einer Immobilie auch von den regionalen Bedingungen des Immobilienmarkts abhängt. Der Marktanpassungsfaktor wird ebenfalls von Gutachterausschüssen berechnet und veröffentlicht.

Sachwertverfahren: Das komplette Rechenbeispiel 

Bei Regelherstellungskosten von 900 Euro und einer Fläche von 140 Quadratmetern betragen die Herstellungskosten einer beispielhaften Immobilie 126.00 Euro.

Nun wird davon die Alterswertminderung abgezogen, wobei für die Berechnung von einer gleichmäßigen Abnutzung über pro Jahr ausgegangen wird. Die genaue Höhe der Minderung hängt vom Alter der Immobilie sowie der Restnutzungsdauer ab.

Bei der Nutzungsdauer von Einfamilienhäusern geht der Fiskus von 80 Jahren und einer jährlichen Wertminderung von 1,25 Prozent aus. Ist die Immobilie im Rechenbeispiel etwa 20 Jahre alt, beträgt die Minderung also 25 Prozent beziehungsweise 31.500 Euro.

Die Wertminderung wird von den Herstellungskosten abgezogen und es bleibt ein Gebäudesachwert von 94.500 Euro. Addieren wir dem den Bodenwert von 80.000 Euro (400 Quadratmeter x 200 Euro Bodenrichtwert) ergibt sich ein vorläufiger Sachwert von 174.500 Euro.

Nun wird der vorläufige Sachwert an den Markt angepasst. Es wird davon ausgegangen, dass in der Region die Immobilien für 90 Prozent des ursprünglichen Sachwerts verkauft werden, wodurch der Marktanpassungsfaktor bei 0,9 liegt. Der vorläufige Sachwert wird abschließend mit dem Faktor 0,9 multipliziert, was einen Sachwert von 157.050 Euro ergibt.

Wann Sie das Sachwertverfahren nutzen sollten

In der Praxis wird das Sachwertverfahren nur dann eingesetzt, wenn besondere Bedingungen beim Immobilienverkauf vorliegen. Denn sofern möglich, erfolgt die Wertermittlung primär mittels des simpleren Vergleichswertverfahrens.

Liegen allerdings nicht genügend Vergleichswerte durch einen Mangel an ähnlichen Objekte vor, kann das Sachwertverfahren eingesetzt werden. Dies ist grade in ländlicheren Gegenden oder bei alleinstehenden Häusern häufiger der Fall.

Ebenso bietet sich für die Wertermittlung außergewöhnlicher Immobilien das Sachwertverfahren an. Wollen Sie etwa eine denkmalgeschützte Villa oder ein Industriegebäude verkaufen, ist die Methode besser geeignet, da eine Einordnung über Vergleichswerte kaum präzise möglich ist.

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Von |2019-09-23T14:49:34+02:0031. August 2018|
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